Max Scheler
Gesellschaft

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220298

Einleitung

Simone Mahrenholz

pp. 1-22

Abstrakt

Musik ermöglicht Erfahrungen, die hinsichtlich ihrer Komplexität, Intensität und subjektiven Bedeutsamkeit mit keiner anderen menschlichen Aktivität verbunden sind. Musik kann höchste physisch-psychische Erregung und Erfüllung hervorrufen und gleichzeitig mit einer Konzentration und differenzierten Denkakten einhergehen, welche die Erfahrung eines umfassenden Verstehens enthalten: das Bewußtsein, eines besonderen Erkenntnisprozesses teilhaftig zu werden. Musik fordert Denken, Sinnlichkeit und Emotion zu einer Einheit zusammen, wie das keine andere Ausdrucksform leistet. Und sie vermag zuweilen eine Aufmerksamkeits- oder Intentionalitätsspanne herzustellen, welche die ›normalen‹ Zeit- und Raumgrenzen des Bewußtseins sprengt. Es ist eine Spanne, die den ›Kosmos‹ umfaßt und die das ›Jetzt‹, das wir empfindend vor uns bringen können, ausdehnt in Richtung ›Zeitlosigkeit‹ oder ›Ewigkeit‹. Musik erweitert damit den gewöhnlichen perspektivischen Horizont. All dies geschieht keineswegs immer und nicht durch jede Musik — aber in dieser Form nur durch Musik. In einem oft genußreichen Prozeß wirkt Musik erkenntnis- und wirklichkeitserschlie-ßend. Dieser Prozeß ist ein Zusammenfall von Aktivität und Passivität, von hörendem Fragen und empfangendem Hören: von Antworten, nach denen man grundsätzlich nicht gefragt hatte (weil man die Frage nicht kannte).

Publication details

Published in:

Mahrenholz Simone (1998) Musik und Erkenntnis: Eine Studie im Ausgang von Nelson Goodmans Symboltheorie. Stuttgart, Metzler.

Seiten: 1-22

DOI: 10.1007/978-3-476-04294-1_1

Referenz:

Mahrenholz Simone (1998) Einleitung, In: Musik und Erkenntnis, Stuttgart, Metzler, 1–22.