Max Scheler
Gesellschaft

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215776

Einleitung

Heinz-Günter Vester

pp. 13-18

Abstrakt

Niklas Luhmann (1927-1998), der von manchen seiner Anhänger schon selbst in den Adelsstand eines Klassikers erhoben wird, hatte für die Klassiker der Soziologie wenig übrig, wenn er die Beschäftigung mit ihnen als "exegetisches Benagen alter theoretischer Knochen" bezeichnete (Luhmann 1988: 292). Gleichwohl scheinen die Soziologen an ihren alten Knochen höchst interessiert zu sein. Knochen sind schließlich etwas Grundsolides, an das man sich halten kann. Und so wie ein gesunder Körper auch eines stabilen Knochengerüstes bedarf, so brauchen auch die kühnsten Theoriegebäude, die sich Soziologen zurechtzimmern, ein Knochengerüst, an das die frei flottierenden Gedanken festgemacht werden können. Klassiker sind keine abgenagten Skelette. An einem wahren Klassiker hängt immer noch so viel Fleisch, dass sich ganze Generationen exegetischer Nagetiere von ihnen ernähren können. Ein Klassiker bietet auch reichlich Widerstand, so dass man sich an ihm die Zähne ausbeißen kann. In Zeiten der rasch sich vollziehenden Wechselbäder im Denken, da die Halbwertzeit der neuen Gedanken immer kürzer zu werden scheint, bieten die Klassiker Zufluchtsorte.

Publication details

Published in:

Vester Heinz-Günter (2009) Kompendium der Soziologie II: Die Klassiker. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Seiten: 13-18

DOI: 10.1007/978-3-531-91590-6_1

Referenz:

Vester Heinz-Günter (2009) Einleitung, In: Kompendium der Soziologie II, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 13–18.