Max Scheler
Gesellschaft

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215632

Symbiotische Mechanismen

Niklas Luhmann

pp. 228-244

Abstrakt

Wenn von Gewalt die Rede ist, kann man der Versuchung kaum widerstehen, das Problem binär zu schematisieren, je nachdem, ob die Gewalt im Namen und im Sinne des Rechts oder ob sie als reine Gewalt gegen das Recht ausgeübt wird. Die Disjunktion von Recht und Unrecht ist — ähnlich wie in anderen Fällen gesellschaftlich bedeutsamer binärer Schematismen, etwa der zweiwertigen Logik oder der Differenz von Eigentum und Nichteigentum — in der Gesellschaftsstruktur so hoch und in solchem Maße kontextfrei abgesichert, daß sich kein Interesse gegen die Disjunktion mehr formieren und verständlich machen läßt, sondern allenfalls ein Interesse an Recht, an Wahrheit, an Eigentum. Damit ist man indes schon auf eine Alternative festgelegt, ohne ihre Herkunft und ihre Relevanz geprüft zu haben.1 Mit solchen Schematismen verbindet sich ein in ihnen angelegter Optionsdruck — im Falle Recht/Unrecht ebenso wie im Falle Wahrheit/Unwahrheit, Haben/Nichthaben usw. Man kann, wenn man sich auf den Schematismus einläßt, der Option nicht mehr ausweichen, sondern sie allenfalls noch "verkehrt" ausüben, indem man die suggerierte Richtung negiert. Die vier Freiheiten, für oder gegen rechtmäßige und für oder gegen unrechtmäßige Gewalt zu sein, reduzieren sich nach dem Schematismus des Rechts auf zwei. So weit geführt, kann man Theorie nur noch einsetzen zur Begründung der Option.

Publication details

Published in:

Luhmann Niklas (1981) Soziologische Aufklärung 3: Soziales System, Gesellschaft, Organisation. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Seiten: 228-244

DOI: 10.1007/978-3-663-01340-2_13

Referenz:

Luhmann Niklas (1981) Symbiotische Mechanismen, In: Soziologische Aufklärung 3, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 228–244.