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Die Entdeckung der ästhetischen Dimension in der Phänomenologie von Erwin Straus
pp. 210-232
Abstrakt
»Viele sind gut und verständig, doch zählen für einen nur alle, denn sie regiert der Begriff1.« Hegel, der diese Prognose Schillers über die Kunst seiner Zeit wiederaufnimmt, kündigt das Ende der Kunst an. Ein halbes Jahrhundert später schreibt Baudelaire an Delacroix: »Im Verfallsprozeß Ihrer Kunst stehen Sie in der vordersten Linie.« Heute prophezeien viele den Tod der Kunst, schließen auf ihn aus der »Dämmerung der Bilder«, aus der Eintönigkeit der informellen Kunst oder aus der tödlichen Sachlichkeit der Architektur. Gewiß erscheint uns diese bereits zum Schlagwort gewordene Prognose fragwürdig. Und gewiß hat sich die Kunst recht gut inmitten all dieser Prophezeiungen ihres Todes behauptet. Aber das Ende der Kunst ist keineswegs schon gleichbedeutend mit dem Ende der Werke. Sterben bedeutet für die Kunst nicht, daß sie verschwindet, sondern daß sie sich überlebt. Ihr Tod bedeutete demnach, daß sie der Wirklichkeit unseres Welt- und Selbstverhältnisses nicht mehr mächtig ist. Die Frage ist also: ist sie eine unersetzliche Ausdrucksform dieses Verhältnisses oder nur eine vorübergehende Gestalt, welche ihre wahre Bestimmung in einer höheren findet, in der sich der Seinssinn unseres wesentlichen und zugleich geschichtlichen Bezugs zum Ganzen des Seienden erfüllt?
Publication details
Published in:
Baeyer Waltervon, Griffith Richard M. (1966) Conditio humana: Erwin W. Straus on his 75th birthday. Dordrecht, Springer.
Seiten: 210-232
DOI: 10.1007/978-3-642-85978-6_15
Referenz:
Maldiney Henri (1966) „Die Entdeckung der ästhetischen Dimension in der Phänomenologie von Erwin Straus“, In: W. Baeyer & R. M. Griffith (Hrsg.), Conditio humana, Dordrecht, Springer, 210–232.