Call for papers
Die Max-Scheler-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Liangkang NI (Sun Yat-Sen University, Guangzhou, China) lädt jüngere ForscherInnen dazu ein, sich mit einem Vortrag für die vierzehnte internationale Tagung der Max-Scheler-Gesellschaft zu bewerben, die zum Thema «Scheler und asiatische Gedanken im Weltalter des Ausgleichs» im Zeitraum vom 24. bis 29. November 2017 an der Sun Yat-Sen University, Guangzhou, China, stattfinden wird.
Aus den Teilnehmern des Call for Papaers werden zehn jüngere SchelerforscherInnen ausgewählt, die ihre Beiträge im Rahmen der Tagung darstellen und Unterkunft und Verpflegung während der Tagung erhalten können.
Die Teilnehmer werden gebeten, ein Curriculum und den Titel des Beitrags zusammen mit einem Abstract von der Länge bis 2000 Anschläge auf Deutsch oder Englisch an Prof. Dr. Guido Cusinato (guido.cusinato@univr.it), Präsidenten der Max-Scheler-Gesellschaft, sowie an Prof. Dr. Liangkang NI (hssnlk@mail.sysu.edu.cn), Sun Yat-Sen University, einzureichen.
Der Einreichungstermin für die nicht chinesischen Teilnehmer ist der 30. November 2016, da das Einreisevisum für China schon lange im Voraus beantragt werden muss. Für die chinesischen Bewerber ist der Termin für den 31. Mai 2017 bestimmt.
Die Tagung sieht vor, im Dialog mit dem asiatischen Denken einige Themen eingehend zu erörtern, mit denen sich Scheler in interkultureller Perspektive intensiv auseinandergesetzt hat: Leiden, Tod, Herzensleere, Gesundheit, Medizin, Glückseligkeit und natürlich Ausgleich zwischen dem Osten und dem Westen. Insbesondere relevant werden in diesem Hinblick Schelers Schriften wie Vom Sinn des Leidens und Der Mensch im Weltalter des Ausgleichs.
In der Schrift Vom Sinn des Leidens liest man: «Es gibt jeder Art von Schmerz und Leid gegenüber zwei ganz entgegengesetzte Wege, sie zu vermindern und aufzuheben. Der eine Weg ist der aktive äußere Kampf gegen die objektiven natürlichen oder gesellschaftlichen Ursachen des Schmerzes und Leidens — der resolute „Widerstand gegen das Übel“ als objektive Weltbeschaffenheit. Dieser Weg war im großen ganzen gesehen der Weg der abendländischen aktiv-heroischen Zivilisation. Der zweite Weg besteht in dem Versuche, nicht die Übel und hierdurch erst das Leiden an ihnen abzustellen, sondern das Leiden an allen möglichen Übeln von innen her zu unterbinden durch möglichst restlose und willentlich vollkommene Beseitigung des unwillkürlichen, automatischen Widerstandes, der, wie schon die Inder früh erkannt haben, ebensowohl eine Daseinsbedingung des Schmerzes und Leides ist wie der äußere Reiz, d. h. das natürliche und gesellschaftliche objektive Übel. Durch die positive geistige Kunst gerade des Nichtwiderstandes gegen das Übel — durch seine vollkommene „Duldung“ — soll hier das Leiden an ihm von innen, vom Zentrum des Lebens aus aufgehoben werden, indirekt aber das Übel selbst, da das Übel nach dieser Auffassung gar nichts objektiv Reales ist, sondern nur der dunkle Schatten, den eben unser Leiden an der Welt gleichsam auf die Welt wirft. Dieser Weg ist in radikalster, konsequentester, großartigster Form der Weg Buddhas» (VI, 55).
Gleichwohl: «Das buddhistische Verhalten ist genau so wenig bloße Duldung, Hinnahme, Ertragen des Leidens wie der aktivste westliche Heroismus, der in Technik, systematischer Hygiene, Therapie, Zivilisation, Kulturarbeit seinen heißen leidenschaftlichen Willen auf die Aufhebung der äußeren Übel und Leidursachen geworfen hat, die er für real. Gerade dieser westliche aktive heiße Wille, das Leiden bis zu seinem kleinsten Atom und bis in seine tiefste Wurzel ganz und radikal aus der Welt zu schaffen — diese Zielidee des Willens und der fanatische Glaube an die Möglichkeit, dieses Ziel auch praktisch zu erreichen —, verbindet Buddha mit den Erscheinungen des aktivsten westlichen Heroismus» (VI, 57).
Schelers Bemühung um die interkulturelle Perspektive tritt am meisten in den Vordergrund in seiner Schrift Der Mensch im Weltalter des Ausgleichs. Der Ausgleich stellt einen komplexen Begriff dar. In mehreren Hinsichten versteht ihn Scheler als das, was sehr nah zu dem steht, was wir heute „Globalisierung“ nennen. In dem Prozess des Ausgleichs sieht Scheler wohl Gefahren, aber auch Chancen. Es gibt nämlich ihm zufolge zwei Arten des Ausgleichs: die eine übersetzt sich in militärische Konflikte, Vernichtung und Nivellierung, während die andere zur Integration, zum Wachstum und zur Aufwertung der Unterschiede führt. Die zwei Arten der Logik zu verstehen, die entweder in die eine oder in die andere Richtung des Ausgleichs leiten, ist grundlegend für die Schicksale der Menschheit.